Die Internationalisierung der Lehrkräftebildung ist eine herausfordernde Aufgabe. Neben allgemeinen Herausforderungen – Schließen von Agreements, Balance des Austauschs, Kompatibilität von Semesterzeiten, sprachliche und finanzielle Hürden, Fragen der Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen, etc. – kommen im Rahmen der Lehrkräftebildung die engen nationalen Curricula und der damit verbundene enorme Zeitaufwand sowie die Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Studien und Prüfungsleistungen hinzu (DAAD/DZHW Mobilitätsstudie, 2017 Sonderauswertung). Es zeigt sich empirisch, dass die internationale Mobilität von Lehramtsstudierenden bereits vor der Corona-Pandemie eher gering war und während der Pandemie weiter rückläufig gewesen ist (DAAD, 2021). Dabei machen Studienfächer und Schularten einen entscheidenden Unterschied; ein fremdsprachliches Fach und das Lehramt Gymnasium stehen in positivem Zusammenhang mit Auslandsmobilität (KOAB Absolventenbefragung, 2016 Sonderauswertung).
Dies steht im Kontrast zu bildungspolitischen Forderungen eines Erwerbs interkultureller Schlüsselkompetenzen im Lehramtsstudium und den Leitlinien der Bildungspläne, zum Beispiel in Baden-Württemberg. Um diese Kompetenzen zu erwerben, wird unter anderem ein Auslandsaufenthalt als zielführend angesehen (HRK, 2015, S. 26).
Um Hochschulen bei der Förderung interkultureller Lernerfahrungen für Lehramtsstudierende zu unterstützen, unterhält der Deutsche Akademische Austauschdienst seit 2019 die Programmlinie „Lehramt.International“.
Vor diesem Hintergrund wird das Modellprojekt „Internationalisierung der Lehrkräftebildung“ an der Pädagogischen Hochschule Weingarten seit 2019 gefördert.
Ansatzpunkt der Konzeption des Modellprojekts ist die Beobachtung, dass die beschriebene deutschlandweite Situation ebenso an der PH Weingarten anzutreffen ist. Von den rund 2100 Lehramtsstudierenden absolvierten 2018 70 ein Auslandssemester. Gründe für den geringen Anteil sind die finanziellen und sprachlichen Hürden sowie die Schwierigkeit, ein Auslandssemester in einem Studium mit vielen Vorgaben (z. B. zu Praktika) sinnvoll innerhalb der Regelstudienzeit zu platzieren.
Durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen der Mobilität ist ein weiterer konzeptioneller Aspekt der Internationalisierung sichtbar geworden und wurde im Rahmen des Modellprojekts aufgegriffen. Neben die „Internationalisierung im Ausland“ durch Auslandsaufenthalte ist die „Internationalisierung zu Hause“ – zum Beispiel durch digitale Angebote – getreten.
Mit dem Modellprojekt wird das übergeordnete Ziel verfolgt, durch „Internationalisierung im Ausland“ und „Internationalisierung zu Hause“ dazu beizutragen, angehende Lehrkräfte mit interkulturellen und globalen Kompetenzen (intercultural and global competences) (Sälzer, C. & Roczen, N., 2018) für die Arbeit in multikulturellen Klassen zu qualifizieren.
Maßnahmen
Zur Umsetzung der Ziele im Rahmen des Modellprojekts wird mit mehreren Hochschulen weltweit zusammengearbeitet. Das sind: die Universidade de Santa Catarina (UFSC, Brasilien), die Maharaja Sayajirao University of Baroda (MSUB, Indien), die Universidad de Concepcion (UdeC, Chile), die George Mason University (GMU, USA), das Sakhnin College of Teacher Education (Israel) und die Universidad de Leon (Spanien).
Durch Stipendien, Begleitungsangebote und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Anerkennung im Ausland und in virtuellen Formaten erbrachter Studien- und Prüfungsleistungen soll die Mobilität von Studierenden unterstützt und gesteigert werden.
Die Internationalisierung zu Hause soll unter anderem durch den Ausbau virtueller internationaler Lehrkooperationen gefördert werden.
Innovation
Im Rahmen des Modellprojekts sind zwei innovative Möglichkeiten entwickelt worden. Erstens soll durch eine Kombination von Angeboten der „Internationalisierung im Ausland“ und der „Internationalisierung zu Hause“ der Diversität der Studierendenschaft Rechnung getragen werden. Während es allein für eine kleine Gruppe Studierender möglich ist, ein ganzes Semester im Ausland zu verbringen, ist es beinahe allen möglich, an virtuellen Angeboten, seien es Gastvorträge, Workshops oder Gastlehrveranstaltungen, teilzunehmen. Zweitens zielt eine stärker strukturierte Begleitung der Studierenden auf eine qualitative Steigerung der internationalen Aktivitäten der Studierenden. Ein Auslandsaufenthalt bzw. eine virtuelle interkulturelle Lerngelegenheit sind für sich allein kein Garant für interkulturelles und internationales Lernen, sondern müssen in eine pädagogische Begleitung eingebettet werden (Kercher, J. & Schifferings, M., 2019; Rotter, C., 2014). Vor diesem Hintergrund werden Studierende interkulturell auf ihre Auslandsaufenthalte vorbereitet und nehmen an unterschiedlichen Reflexionsformaten teil. Als besonders zielführend hat sich ein Buddy-System erwiesen, bei dem Outgoing-Studierende der PH Weingarten mit Incoming-Studierenden der Partnerhochschule vernetzt werden, wodurch ein persönlicher Unterstützungs- und Reflexionsrahmen geschaffen wird.
Erreichtes und Ausblick
Mit dem Modellprojekt wurden bisher vielversprechende Erfahrungen hinsichtlich der Kombination von Internationalisierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit gesammelt. Im weiteren Projektverlauf besteht das Bestreben, die guten Erfahrungen fortzuführen und wenn möglich in institutionelle Strukturen zu überführen. Dies betrifft vor allem die virtuellen Lernangebote und die strukturierte Begleitung Studierender beim Auslandssemester.
Um virtuelle internationale Lehrangebote zu etablieren fand vom 15. bis 19. Mai 2023 an der PH Weingarten eine Vernetzungswoche mit Wissenschaftler*innen von fünf unserer Partnerhochschulen statt (UFSC, (Brasilien), UdeC, (Chile), GMU, (USA), Sakhnin College of Teacher Education (Israel) und ULE (Spanien)). Das Zentrum der Vernetzungswoche bildete ein Workshop zum Thema „Virtual Exchange“ der von Professor Robert O’Dowd (ULE, Spanien) geleitet wurde. Die Teilnehmer*innen sind sehr zuversichtlich, dass aus dieser Woche in Zukunft „Virtual Exchange“-Seminare von Lehrenden der PH gemeinsam mit Lehrenden der internationale Partner*innen angeboten werden.
Autorin: Sabine Lang
Fotos: Gabriella von Lieres und Wilkau
Über 300 Besucher, darunter viele Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur, kamen im September 2022 in die Berliner Landesvertretung von Baden-Württemberg zur Eröffnung der von Professor Dr. Martin Oswald kuratierten Ausstellung „Berliner Zimmer – reloaded“. Die Ausstellung zeigte Werke von Künstlerinnen und Künstlern aus Oberschwaben, die in Berlin leben und international Karriere gemacht haben.
Eine Übungsfirma simuliert nahezu perfekt die Abläufe in der Geschäfts- und Wirtschaftswelt. Die PH Weingarten ist die erste Hochschule in Deutschland, an der eine Übungsfirma gegründet wurde. Verankert ist sie seit April 2021 im Studiengang Medien- und Bildungsmanagement (MBM). Aktuell arbeiten elf Studierende aus dem fünften Semester in der digitalen Übungsfirma Easy Learning, die Aus- und Weiterbildungen anbietet.
Die Forschungs- und Publikationsdatenbank der PH Weingarten gibt einen Überblick über alle laufenden Forschungs- und Transferprojekte sowie Publikationen unserer Wissenschaftler:innen und jungen Wissenschaftler:innen.