Professor Karsten D. Wolf von der Universität Bremen nahm gemeinsam mit Juniorprofessorin Dr. Ilka Koppel von der PH Weingarten (beide Mitte) den Megafon-Förderpreis der Joachim Herz Stiftung zur Sprachförderung in Empfang. Foto: Joachim Herz Stiftung
Noch immer können aktuellen Studien zufolge 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland nicht richtig lesen und schreiben. Rund ein Fünftel aller Schulabgängerinnen und Schulabgänger weist derzeit beträchtliche Schwächen im Umgang mit der Bildungssprache Deutsch auf.
„Gering Literalisierte stehen in unserer digitalisierten Welt vor großen Herausforderungen. Mit wenig Lese- und Schreibkompetenzen ist es schwierig, sich mit den immer wieder neuen technischen Entwicklungen und Programmen auseinanderzusetzen, die aber erforderlich sind, um beispielsweise einen Termin bei einer Behörde zu bekommen“, gibt Juniorprofessorin Dr. Ilka Koppel von der Pädagogischen Hochschule Weingarten (PH) zu bedenken. Sie ist Projektleiterin für die PH im Rahmen des Kooperationsprojekts „Digitale Berufsfeldbezogene Lese- und Schreibförderung“ (BeLeSen) mit der Universität Bremen, das in der Kategorie Jugendliche und junge Erwachsene mit dem Megafon-Förderpreis der Joachim Herz Stiftung zur Sprachförderung ausgezeichnet wurde. Eine unabhängige Jury, bestehend aus zwölf Sprach- und Bildungsexpertinnen und -experten, wählte aus insgesamt 40 Bewerbungen elf Projekte aus. Das Gemeinschaftsprojekt von PH und Universität Bremen läuft noch bis 30. Juni 2023. Das Preisgeld beträgt 10.000 Euro.
Das mit dem Megafon-Preis ausgezeichnete Projekt gehört zum Arbeitsbereich „Medienpädagogik und didaktische Gestaltung multimedialer Lernumgebungen“ unter der Leitung von Professor Dr. Karsten D. Wolf (Universität Bremen), der den Preis gemeinsam mit PH-Juniorprofessorin Koppel in Empfang nahm. „BeLeSen“ versetze Lehrende in Übergangs- und Berufsvorbereitungsmaßnahmen in die Lage, Jugendliche und junge Erwachsene bei der Verbesserung von deren Lese- und Schreibkompetenz niedrigschwellig zu unterstützen, berichtet Dr. Koppel. Mithilfe des bereits bestehenden Onlineportals lea.online seien neu verfügbare digitale Fördermaterialien der Alphabetisierungspraxis zugänglich gemacht worden. „Unser Ziel war es, ein umfassendes digitales Lern- und Diagnoseangebot für Menschen mit geringer Literalität sowie für Kursleitende in der Alphabetisierungspraxis zu entwickeln“, berichtet sie. Um zudem herauszufinden, wie man Menschen mit geringen Lese- und Schreibkenntnissen die Nutzung digitaler Medien ermöglichen oder erleichtern kann, hat die PH-Juniorprofessorin, die an der Universität Bremen promoviert hat, bereits von 2018 bis 2022 an der PH Weingarten das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungsprojekt „Gelingensbedingungen für den Einsatz digitaler Medien in der Grundbildung Erwachsener“ (GediG) durchgeführt. Erkenntnisse aus diesem Projekt seien in das lea.online-Projekt eingeflossen.
„lea.online“ umfasst drei unterschiedliche softwarebasierte Anwendungen. Bei „otu.lea“ stehen verschiedene Testaufgaben in den Bereichen Lesen, Schreiben, Sprachgefühl und Rechnen zur Verfügung. Die zweite Anwendung ist das „lea.Dashboard“. Hier können die Lehrenden in der Alphabetisierungspraxis die Testergebnisse der Lernenden automatisiert und gleichzeitig differenziert und individuell auswerten. Derzeit werde zudem die „lea.App“ entwickelt, die Lernenden die Möglichkeit biete, eigenständig und im privaten Raum Übungsaufgaben zu lösen und ihre Kompetenzen zu verbessern, so Dr. Koppel weiter. Die Anwendungen können miteinander kombiniert oder einzeln verwendet werden. „Dieses Lern- und Diagnoseinstrument soll dazu beitragen, die Selbstkompetenz von Menschen mit geringer Literalität sowie Arbeitnehmende mit Grundbildungsbedarf für ihren zukünftigen beruflichen Weg zu stärken und ihre Teilhabechancen zu verbessern.“
Die „lea.App“ werde stetig weiterentwickelt und sei leicht nutzbar. „Schnelle Erfolge motivieren die Nutzer zum Weitermachen“, berichtet die Juniorprofessorin. Testnutzer seien begeistert – vor allem auch, weil die Vermittlung von Inhalten und Erklärungen durch zahlreiche Bilder und Grafiken unterstützt werde. Eine Herausforderung liege nach der Veröffentlichung aber noch in der Bekanntmachung der App, da die Zielgruppe der lernenden Nutzer nicht leicht zu erreichen sei, so Dr. Koppel. Das lea.online Team freut sich daher, dass im Rahmen der AlphaDekade dem Thema mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird und Botschafter wie beispielsweise Hartmut Engler von Pur oder die Speerwerferin Christina Obergföll als Botschafterin für das Thema gewonnen werden konnten.
Infos zu lea.online gibt es unter:
https://blogs.uni-bremen.de/leaonline/
Autorin: Barbara Müller
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